Die Ergebnisse der aktuellen TK-Stressstudie „Entspann dich, Deutschland“ sind alarmierend. 43 % aller Beschäftigte fühlen sich abgearbeitet und verbraucht. Als einer der Hauptgründe wird mangelnde Anerkennung genannt (TKK- Techniker Krankenkasse, 2016). 20% der Befragten gaben ihren Vorgesetzten als Hauptgrund für die psychische Belastung.

Als Folge beklagen viele Unternehmen die gestiegene Häufigkeit und lange Fehlzeiten durch psychische Erkrankungen. Diese sind laut des AOK-Fehlzeitenreports 2019 in den letzten 10 Jahren um 64,2 % gestiegen.  Im Jahr 2019 mussten Unternehmen insgesamt 67,5 Milliarden Euro für erkrankte Mitarbeiter aufwenden (3,4 Milliarden mehr als 2018) (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Deutsche Rentenversicherung, Institut der deutschen Wirtschaft, 2021). Aus den Ergebnissen der aktuellen Forschungen ist insbesondere Folgendes klar geworden: die Führungskraft scheint eine tragende Rolle hinsichtlich des Wohlbefindens der Mitarbeitenden zu haben.

Studien belegen, dass sich die gesundheitsbezogene Vorbildwirkung und gesundheitsbezogene Führung positiv auf die Gesundheit der Mitarbeitenden auswirkt (Franke und Felke, 2011).

Leichter gesagt als getan, denn wie genau funktioniert gesundheitsförderliche Führung?

Das Führungsverhalten steht nicht nur seit dem Beginn der Corona-Pandemie unter einer besonderen Herausforderung. Auch Megatrends wie Digitalisierung und Globalisierung bringen der Entwicklung neuer Formen flexiblen Arbeitens mehr Auftrieb.

2019 haben 12,9 % aller Erwerbstätigen in Deutschland im Homeoffice gearbeitet (Statistisches Bundesamt, 2021). Im Januar 2021 stieg der Anteil der im Homeoffice arbeitenden Beschäftigten in Deutschland bereits auf 24% (Hans-BöcklerStiftung, 2021).  Schätzungen zufolge könnte die Zahl der im Homeoffice Arbeitenden bis 2050 auf 40% steigen (Balmer et al., 2022).

Im Homeoffice zu arbeiten bringt einige Vorteile wie die bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben, weggefallene Fahrtwege, mehr Autonomie und Flexibilität mit sich (Siestrup & Wirth, 2021). Auf der anderen Seite birgt das Arbeiten von Zuhause aus auch Nachteile. Viele im Homeoffice Beschäftigte berichten, dass sie stärker abgelenkt würden, der Kontakt zu den Kollegen schlechter sei oder sie das Gefühl hätten, dass ihre Leistungen durch Vorgesetzte schlechter wahrgenommen würden (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2020).

Lange Fehlzeiten durch psychische Erkrankungen

Aus den besonderen Anforderungen und Herausforderungen, die das Arbeiten im Homeoffice mit sich bringt, sind auch gesundheitliche Gefahren und Risiken nicht von der Hand zu weisen. Zahlreiche Studien konnten belegen, dass Homeoffice mit psychischen Arbeitsbelastungen einhergehen kann.

Aktuelle Studien zeigen, dass sich Mitarbeitende im Home Office viel häufiger erschöpft fühlen als ihre Kollegen im Büro. Zudem nennen sie verstärkt Stresssymptome wie Wut, Nervosität oder Reizbarkeit (Wright et al., 2006; Ludwig und Roßbach 2019) sowie Einsamkeitserleben (Mann & Holdsworth, 2003).

Die Gestaltung einer möglichst stressarmen Arbeitsumgebung ist daher besonders sinnvoll. Dadurch stellen sich aber auch neue Anforderungen an Führungsmodelle. Es eröffnet sich ein Spannungsfeld von Kontrolle und Vertrauen, Nähe und Distanz sowie Integration und Loslassen. Für Führungskräfte bedeutet dies oft, dass sie sich einem Paradigmenwechsel stellen müssen.

Direkte Führungskräfte können über vielfältige Kanäle Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten nehmen.

Dabei sind gerade im Home Office Absprachen wichtig, die eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben ermöglichen und private Rückzugsräume respektieren.

Welche zentralen Herausforderungen und Anforderungen stellen sich mir dabei als Führungskraft?

Der Führungskraft muss Klarheit in das Verständnis des Prozesses, wie psychische Belastungen im Homeoffice durch defizitäre organisationale Aspekte gefördert werden können, haben. Auch sollte sie die Notwendigkeit Arbeitsbedingungen im Zuge der Entstehung vielfältiger Arbeitsmodelle zu verbessern, um psychische Belastungen und Krankheitskosten der Mitarbeitenden zu reduzieren.

Dazu gehört neben der Schaffung gesundheitsförderlicher Arbeits- und Rahmenbedingungen auch die Motivierung der Mitarbeitenden zu Gesundheitshandeln. Dabei nehmen die direkten Vorgesetzten nicht nur eine Vorbildfunktion ein, sondern erzeugen eine generelle Glaubwürdigkeit. Hier ist ein bewusster Umgang mit der eigenen Gesundheit, die  Auseinandersetzung mit dem eigenen Stresserleben, den persönlichen Belastungsfaktoren und Ressourcen unverzichtbar, denn nur so können diese Aspekte bei den eigenen Mitarbeitenden angemessen eingeschätzt und gefördert werden.

Halten Sie Kontakt

Neben diesem Übertragungseffekt gilt es auch notwendige Rahmenbedingungen und klare betriebliche Regeln aufzustellen: Themen wie die Einhaltung von Ruhezeiten, erweiterte Erreichbarkeit, befriedigende virtuelle Kontakte, regelmäßige Meetings und Feedbacks sollten besprochen werden.  Eine wichtige Frage ist auch, wie man den Büro Flurfunk ersetzen könnte. Virtuelle Kaffeepausen oder After-Work-Meetings sind vorstellbare Möglichkeiten.

Hören Sie zu

Eine wichtige Rolle bei der gesundheitsförderlichen Führung spielt die Unterstützung durch die Führungskraft. Funktioniert die Technik? Hat der oder die Mitarbeitende einen abgegrenzten Arbeitsbereich, in dem er oder sie in Ruhe arbeiten kann? Sind die Kinder versorgt? Finden Sie heraus, wie Sie Ihre Mitarbeitenden unterstützen und helfen können.

Sinn stiften

Zur Stress- beziehungsweise Burnout-Prävention ist die Vermittlung von Sinn ein ideales Instrument. Sobald Beschäftigten die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit bewusstwird, werden sie von einem positiven Stress (Eustress) getragen und gehen voller Zuversicht ihre Herausforderungen an.

 

Führungskräfte können ihre Beschäftigten im Homeoffice auch aus der Ferne unterstützen. Mit gesunden, wertgeschätzten Beschäftigten können Unternehmen Produktionsausfälle und Krankheitskosten vermeiden. Zudem stehen sie als attraktiver Arbeitgeber dar und können sich von anderen Wettbewerbern im Arbeitsmarkt positiv abheben. Zudem stärken sie ein Unternehmen im Inneren wie in der Außenwahrnehmung.

Möchten Sie mehr zum Thema Gesunde Führung erfahren? In meinen Seminaren zeige ich Führungskräften vor Ort oder auf Wunsch digital, wie sie gesundheitsförderlich führen.

Nehmen Sie mit mir Kontakt auf! Ich berate Sie gerne und erstelle ein auf die Bedürfnisse Ihrer Organisation ausgerichtetes Angebot.

 

 

 

 

 

 

Quellen:

Balmer, M., Danalet, A., & Mathys, N. A. (2022). Bis 2050 könnten 40 Prozent der Erwerbstätigen im Homeoffice arbeiten. Die Volkswirtschaft, 95 (1/2), 46 – 48.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2020). Forschungsbericht 549. Verbreitung und Auswirkungen von mobiler Arbeit und Homeoffice -Kurzexpertise. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/f b-549-pdf-verbreitung-auswirkung-mobilesarbeiten.pdf;jsessionid=1B378C6D605E37B00B9661F5891AB4B4.delivery2master?__blob=publicationFile&v=1 (abgerufen am 24.04.2022)

Hans-Böckler-Stiftung (2021). Studien zu Homeoffice und mobiler Arbeit. https://www.boeckler.de/de/auf-einen-blick-17945-Auf-einen-Blick-Studien-zu-Homeoffice-und-mobiler-Arbeit-28040.htm (abgerufen am 24.04.2021).

Ludwig, K. & Roßbach, H. (2019). Home Office belastet die Gesundheit. Süddeutsche Zeitung. Verfügbar unter https://www.sueddeutsche.de/politik/arbeitsleben-home-office-belastet-die-gesundheit-1.4603986 (Stand: 24.04.2022).

Mann, S., & Holdsworth, L. (2003). The psychological impact of teleworking: stress, emotions and health. New Technology, Work and Employment, 18 (3), S. 196-211. https://doi.org/10.1111/1468-005X.00121

Siestrup, K., & Wirth, M. (2021). Plötzlich Homeoffice – Erkenntnisse zum erfolgreichen Einstieg ins Homeoffice aus dem Kontext der COVID-19-Pandemie. DGUV Forum, Schwerpunkt mobiles Arbeiten, 6, 14-18. https://forum.dguv.de/ausgabe/6-2021/artikel/ploetzlich-homeoffice-erkenntnisse-zum-erfolgreichen-einstieg-ins-homeoffice-aus-dem-kontext-der-covid-19-pandemie (abgerufen am 24.04.2022).

Wright. L., Burt, C. D., & Strongman, K. T. (2006). Loneliness in the workplace: Construct definition and scale development. New Zealand Journal of Psychology, 35(2), 59–68.

https://www.iwd.de/artikel/was-krankheiten-die-arbeitgeber-kosten-498293/

Weiterführende Literatur:

Bräunig, D., Kohstall, T. (2019). Return on Prevention 2.0. Kosten und Nutzen von Arbeitsschutzmanagementsystemen für Unternehmen (Ergebnisbericht). VBG. Verfügbar unter: https://www.vbg.de/SharedDocs/Medien-Center/DE/Broschuere/Themen/Arbeitsschutz_organisieren/Return_on_Prevention_Studie_AMS.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Stand 24.04.2022).

Ribbat ,M., Weber, C., Tisch, A., & Steinmann, B. (2021). Führen und Managen im digitalen Wandel: Anforderungen und Ressourcen1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2021. DOI: 10.21934/baua:preprint20210113, Version 1. Verfügbar unter: https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Preprint/Fuehrung.html

 

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